Generationskonflikt: Wenn alte Management-Alphatiere auf die Generation XYZ treffen.
In vielen Unternehmen treffen Welten aufeinander: Die Manager alter Schule und die Vertreter der jungen Generation, oftmals auch Generation XYZ genannt. Was dieser Generationskonflikt mit den Menschen macht, was dies für ein Unternehmen bedeutet und was man tun kann, lesen Sie in diesem Blogartikel.
In vielen Unternehmen treffen wir auf ähnliche Feststellungen der alteingesessenen Führungsgeneration: Alte Management-Alphatiere treffen auf die Generation XYZ. Die junge Generation will keine Verantwortung mehr übernehmen. Sie wolle viel und sei aber sehr empfindlich, wenn es mal Gegenwind gäbe. Gleichzeitig stellen wir fest, dass der alte Managementstil von den jungen Mitarbeitenden oft sehr kritisch gesehen wird: Hierarchisches Denken, mangelnde Transparenz und politische Spielchen kommen bei ihnen nicht gut an.
Anscheinend treffen hier zwei unterschiedlich geprägte Generationen aufeinander, denen es manchmal an gegenseitigem Verständnis fehlt. Die Folgen können fatal sein: Die heutige Generation hat vielfältige Job-Optionen und sie ist auch bereit, diese zu nutzen. Unzufriedene Mitarbeitende verlassen heute schnell ihren als nicht attraktiv empfundenen Arbeitgeber. Genauer: Sie verlassen ihren Chef. In Zeiten des Fachkräftemangels kann dies für Unternehmen schnell bedrohlich werden, wenn Schlüsselmitarbeitende das Unternehmen verlassen. Gleichzeitig häufen sich Erzählungen über Mitarbeitende, die keine Verantwortung übernehmen und nur noch Teilzeit arbeiten wollen. Uns Beratern fällt tatsächlich auf, dass immer mehr Unternehmen Probleme haben, Führungspositionen intern zu besetzen.
Wer trifft bei dem Generationenkonflikt aufeinander?
Da hätten wir auf der einen Seite die Babyboomer-Manager und auf der anderen Seite die ab den 1980er geborenen Generationen X, Y und Z. (1) Die alte Managergeneration ist ein Kind der klassischen Managementlehre. Eine große Rolle spielen Konzepte, wie der Taylorismus: Hier der Kopf, der die Arbeit plant und organisiert und unten die Mitarbeitenden, die möglichst, ohne groß nachzudenken, ihre Arbeit erledigen sollen. Es sind die Prinzipien der stupenden Fließbandproduktion, die schon Charlie Chaplin in seinem Meisterwerk „Moderne Zeiten“ so schön beschrieben hat. Geprägt ist dieser Managementstil durch Führen nach Zielen, Command and Control, hierarchischem und Status-Denken, Top-Down, Führen mit Druck. Das prägte viele heutige Manager. Viele konnten sich davon mehr oder weniger befreien, einige nicht.
Geprägt hat diese Generation zum Teil noch der Zweite Weltkrieg, wie Matthias Lohre in seinem Buch „Das Erbe der Kriegsenkel: Was das Schweigen der Eltern mit uns macht“ (2), sehr eindringlich beschrieben hat. Sie sind geprägt durch eine Katastrophe, die sie nicht erlebt, aber doch zu spüren bekommen haben. Verstärkt durch die Zeit der Massenarbeitslosigkeit, entsteht daraus die Bereitschaft, sich und seine persönlichen Interessen bis zur Selbstverleugnung für die Arbeit hinten anzustellen. Man ist erst dann eine gute Führungskraft, wenn es weh tut. Diese Generation zeichnet sich allerdings durch Leistungsbereitschaft, Erfahrung und Zielstrebigkeit aus.
Auf diese Führungskräfte treffen nun die Menschen der Generation Y und Z. Geprägt durch einen noch nie dagewesenen Wohlstand, große Wahlmöglichkeiten. Aufgewachsen ohne Jobangst, und in großer Sicherheit, ist diese Generation einfach anders. Die Arbeit steht nicht mehr automatisch an erster Stelle. Familie, Freunde und Freizeit haben eine hohe Bedeutung, was bei der alten Generation schon mal für Irritationen sorgt. Gespräche über Bewerbungsgespräche mit jungen Menschen sind in der Managergeneration mittlerweile legendär. Gleichzeitig sind die Ansprüche an die Arbeit gewachsen: Der Job soll abwechslungsreich sein, Perspektiven bieten, Sinn vermitteln, Flexibilität ermöglichen und trotzdem sicher sein. Sie bevorzugen einzigartige Arbeitserfahrungen, bei denen die Arbeit Spaß macht. Gleichzeitig wollen sie eigene Ideen mit einbringen, kreativ und innovativ, intrinsisch und motiviert arbeiten (3).
Welcher Führungsstil also für Generation XYZ?
Es ist auf jeden Fall schnell ersichtlich, dass der alte Top-Down-Managementstil so gar nicht mit den Bedürfnissen der jungen Generation kompatibel ist. New-Work-Arbeitskulturen mit flachen Hierarchien, Fokus auf die Mitarbeitenden und hipper Arbeitsumgebung könnten auf den ersten Blick am besten mit den Bedürfnissen der jungen Generation kompatibel sein. Dagegen werden sich Menschen aus dem klassischen Management hier eher schwertun. Ihr Spielfeld sind klassische Unternehmenskulturen bis hin zu großen Konzernstrukturen mit ihren ausgefeilten Zielkaskaden und Controlling-Strukturen.
Man kann sich vorstellen, dass da in vielen Betrieben sehr unterschiedliche Vorstellungen von Arbeit aufeinandertreffen. Typische Reibungsflächen sind dabei Bewerbungsgespräche, die Forderung nach mehr Teilzeit, Homeoffice (auch, wenn Corona da schon einiges bewegt hat), offene Kommunikation, mehr Transparenz und Partizipation. Große Konzerne können solche ungelösten Konflikte vielleicht durch großzügige Entlohnung, Incentives oder soziale Leistungen eine Zeitlang ausgleichen. Der Mittelstand hat diese Möglichkeit oft nicht.
Auf der anderen Seite weiß man heute, dass die Forderungen der jungen Generation gut mit den Forderungen unserer heutigen Wirtschaft übereinstimmen. Die VUCA (3) -Welt erfordert nun mal mehr dezentrale Verantwortung, selbstbestimmtes Arbeiten und hoch motivierte Mitarbeitende. Langfristige Plan- und Zielkaskaden werden aufgrund ständiger Krisen immer irrelevanter. Unternehmerische Resilienz, die Fähigkeit, schnell und flexibel zu reagieren, schnelle Entscheidungen zu treffen sind ein strategischer Erfolgsfaktor geworden.
Wie geht man mit den Konflikten in den Generationen um?
Was kann man also tun, um diesem Generationskonflikt entgegenzuwirken?
Nun, einfach wird das nicht. Menschen neigen dazu, alte Erfolgsmuster auf Dauer beizubehalten. Und die junge Generation ist ungeduldig und hat die Wahl!
Wir sehen insgesamt zwei Ansätze, die mittelständischen Unternehmen helfen können, die Situation sukzessive zu verbessern: Erstens, wie immer in diversen Teams der Respekt vor und Fokussierung auf die Stärken der Anderen, die bei beiden Seiten zweifellos vorhanden sind. Zweitens, die offene Reflexion der Konfliktthemen. Drittens, eine moderierte, gemeinsame Diskussion. Hier empfiehlt sich je nach Konflikt auch die Hinzunahme einer externen Moderation.
3 Schritte, die Ihnen beim Generationskonflikt helfen können:
Schritt 1: Respekt
Schaffen Sie eine Atmosphäre gemeinsamen Respekts. Respekt ermöglicht offene und ehrliche Kommunikation. Die Lebensleistung der Manager und die oben beschriebenen Umstände ihres beruflichen Werdens sind relevant. Die Bereitschaft, Leistung und Opfer für die Aufgabe zu bringen, sind oftmals die Basis für die Unternehmen, in denen die jungen Menschen nun einen Arbeitsplatz gefunden haben.
Auf der anderen Seite ist die ganzheitliche Einstellung der Generation Y/Z zum Leben gar nicht so verkehrt. Die Explosion psychischer Erkrankungen und von Burnout sind vielleicht ein Beleg dafür, dass ein ausgewogeneres Verhältnis zwischen Beruf und Privatleben notwendig ist. Dazu kommen die großen Fähigkeiten in den neuen Technologien und das angenehme Fehlen alter Marotten, wie Statusdenken oder politischer Spielchen.
Schritt 2: Reflexion
Manager sollten auf zwei Ebenen nachdenken. Über die Sachkonflikte und über ihre emotionale Reaktion auf die Forderungen und Ansprüche der jungen Generation.
Wenn es gelingt, die Forderungen und Erwartungen der jungen Generation rein sachlich zu bedenken, dann werden Manager schnell herausfinden, dass diese betriebswirtschaftlich häufig berechtigt sind.
Zum Beispiel die Forderung nach Teilzeit: Viele traditionelle Manager tun sich damit schwer. Sachlich erschwert Teilzeitarbeit die Einsatzplanung. Es erfordert mehr Aufwand, umfangreiche Aufgaben und Projekte zu organisieren. Allerdings besteht bei jungen Bewerbern immer häufiger der Wunsch nach Teilzeit. In Zeiten des Fachkräftemangels wird es dann zu einer rein sachlichen Abwägung: Keine 40 Stunden neue Kapazität, da kein Bewerber eingestellt werden kann oder immerhin neue 30 Stunden Ressource Teilzeit. Am Ende eine klare Sache.
Auf der emotionalen Ebene ist es nicht so einfach. Die jungen Menschen stellen Forderungen, die sich die alte Generation zu Zeiten der Massenarbeitslosigkeit niemals hätte erlauben können. Gelernt ist gelernt.
Bei wem in der prägenden Zeit eine Frage nach Sabbatical oder Teilzeit Kopfschütteln oder mehr hervorgerufen hätte, der reagiert oft mit Wut und Widerstand auf solche Erwartungen, auch wenn diese nach heutigen Maßstäben zumindest möglich sind. Das ist nur allzu menschlich. Allerdings sind eben manchmal nicht die Erwartungen das Problem, sondern, die Emotionen, die sie als Trigger bei den Adressaten auslösen. Da mit sich ehrlich umzugehen, ist eine sehr anspruchsvolle Anforderung an eine Managergeneration, die es leider oft nicht gelernt hat, mit eigenen Emotionen reflektiert umzugehen. Wenn es doch gelingt, wird eine sachgerechte Bewertung der Forderungen und Erwartungen der jungen Generation wieder möglich.
Schritt 3: Externe Hilfe
Manchmal braucht es in Betrieben externe Mediatoren und Coaches, die helfen, diese Generationskonflikte und Widersprüche aufzulösen. Sie ermöglichen es, Verständnis und Respekt für die Sicht der anderen Seite zu entwickeln und sich der eigenen Emotionen klar zu werden. Damit wächst das Verständnis für die andere Seite und eine sachorientierte Kommunikation wird wieder möglich.
Externe haben den Vorteil, dass sie nicht Teil des Unternehmens sind. Sie haben die Möglichkeiten und Methoden, Konflikte konstruktiv zu gestalten. Oft reicht es schon, wenn sich beide Seiten endlich mal in Ruhe zuhören. Dann entsteht Verständnis füreinander und für die unterschiedlichen Lebensumstände. Der Blick wird auf die Stärken der anderen Seite gerichtet und im besten Fall können beide Seiten auch mal über ihre eigenen Marotten herzlich lachen.
Sie wollen mehr über Führung sowie Ansätzen, Konzepten und Lösungen im Umgang mit dem Generationenkonflikt erfahren?
Schreiben Sie uns gerne und nehmen Sie direkten Kontakt zu Christian Tönne unter toenne@ecco.de auf.
(1) Natürlich sind alle diese Vergleiche und Deutungsversuche ein Stück weit oberflächlich und übertrieben. Wenn man sich mit Unternehmenskultur beschäftigt, versucht man Handlungs- und Denkmuster zu erkennen. Um die geht es in diesem Text. Und manchmal muss man überzeichnen, um Verständnis für Situationen zu schaffen.
(2) Matthias Lohre (2016): Das Erbe der Kriegsenkel: Was das Schweigen der Eltern mit uns macht. These: Die Generation der nach 1965 geborenen sind in ihrer Persönlichkeitsentwicklung teilweise noch stark durch die Kriegstraumata ihrer Großeltern geprägt.
(3) Nikolas Wunderlin: Motivationsmodell GenZ – Motivation der Generation Z in der Arbeitswelt. 1. Auflage. WME knowe and learn, Lörrach 2021
(3) Volatil, uncertain, complex, ambiguous: Flüchtig, unsicher, komplex, mehrdeutig